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Freiwillige geben ihrem Leben einen Schub

Die Diakonie St. Martin vergibt 300 Plätze für Bufdis oder Freiwillige soziale Jahre. Sie zu besetzen, wird aber schwieriger.

Von Frank-Uwe Michel
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Ab Herbst lässt sich Tim Sitek (21) aus Rothenburg zum Pflegehelfer ausbilden. Der Freiwilligendienst im Martinshof hat ihm bei dieser Entscheidung sehr geholfen.
Ab Herbst lässt sich Tim Sitek (21) aus Rothenburg zum Pflegehelfer ausbilden. Der Freiwilligendienst im Martinshof hat ihm bei dieser Entscheidung sehr geholfen. © André Schulze

Vom Abiturienten bis zum Rentner – so breit gefächert ist die Palette der Interessenten für den Bundesfreiwilligendienst (BFD) und das Freiwillige soziale Jahr (FSJ). „Rund zwei Drittel unserer Leute sind schon im mittleren oder fortgeschrittenen Alter, ein Drittel hat vor Kurzem die Schule verlassen und befindet sich jetzt in der Orientierungsphase“, sagt Anne-Magdalena Schubert.

Sie ist bei der Diakonie St. Martin zuständig für den Freiwilligendienst und betreut von Rothenburg aus 90 Einsatzstellen mit etwa 300 Plätzen in ganz Ostsachsen und Südbrandenburg. Das Interesse, meint sie, könnte noch größer sein. „Trotzdem sind wir mit den aktuell 60 Freiwilligen ganz zufrieden.“ Dass soviel Luft nach oben ist, liegt ihrer Meinung nach an der guten Wirtschaftslage. „Früher hatten wir noch viel mehr ältere Interessenten. Aber wer gesundheitlich fit ist, der bekommt heute auch noch einen Job, wenn er kurz vor dem Rentenalter ist oder sogar schon drüber. Der Arbeitskräftebedarf ist immens, das bekommen wir vor allem bei den Bufdis zu spüren.“

Die Diakonie St. Martin ist mit dem Rothenburger Martinshof einer der großen Träger für soziale Einsatzfelder in der Oberlausitz. Anne-Magdalena Schubert vermittelt Helfer in Kindergärten und Schulen, in Mehrgenerationenhäuser, Behinderteneinrichtungen, Seniorentagesstätten, in die stationäre und ambulante Altenpflege. Das Image von Losern, die im Freiwilligendienst geparkt würden, hätten FSJler und Bufdis längst abgelegt. „Das sind in erster Linie Leute, die bewusst ihre Zukunft planen. Die testen wollen, ob der Sozialbereich beruflich etwas für sie ist. Oder die am Ende ihres Arbeitslebens angelangt sind, ihre Erfahrungen weitergeben wollen und auf der Suche nach einer sinnvollen Beschäftigung sind. Wir hatten aber auch schon Bewerber, die mitten im Berufsleben standen, einen Cut machen wollten und sich mit den neu gewonnenen Erfahrungen für eine andere berufliche Richtung entschieden haben.“ Manchmal, ergänzt Andreas Drese, würden die Freiwilligen von ihren Einsatzstellen auch übernommen. Auf jeden Fall sei eine Entwicklung erkennbar. „Die Leute gehen ganz anders raus, als sie zu uns gekommen sind“, so der Diakon. Arbeiten im Sozialbereich würden Menschen oft nachhaltig verändern, brächten ihnen bisher nicht für möglich gehaltene Kompetenzen bei. „Sie haben keine Scheu mehr, jemanden anzusprechen. Sie beobachten, was gebraucht wird und wollen andere unterstützen.“

"Ich bin Syrer und seit Dezember als Bufdi beim Verein „Augen auf“. Ein Bekannter hat mich darauf aufmerksam gemacht. Hier ist es perfekt, weil ich auf der Suche nach einer Organisation im sozialen, zivilgesellschaftlichen Bereich war. Mit meinem Dienst m
"Ich bin Syrer und seit Dezember als Bufdi beim Verein „Augen auf“. Ein Bekannter hat mich darauf aufmerksam gemacht. Hier ist es perfekt, weil ich auf der Suche nach einer Organisation im sozialen, zivilgesellschaftlichen Bereich war. Mit meinem Dienst m © Rafael Sampedro

Dabei bringt die Teilnahme am Freiwilligendienst Vorteile für alle Seiten. In den Einsatzstellen können Arbeiten erledigt werden, die sonst einfach liegenbleiben würden. Über 27-Jährige haben dafür mindestens 20 Stunden in der Woche Gelegenheit, bis 27-Jährige gehen voll arbeiten. Neben vielfältigen Erfahrungen aus ihrem Tätigkeitsbereich bekommen die Bewerber von der Einsatzstelle die Beiträge für Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung gezahlt. Schließlich gibt es ein monatliches Taschengeld von aktuell 330 Euro. „Sollte sich herausstellen, dass es irgendwo gar nicht geht, dann ist auch ein Wechsel der Einsatzstellen möglich“, erläutert Anne-Magdalena Schubert. Immerhin seien Erfolgserlebnisse ganz wichtig. „Wir hatten auch schon Freiwillige, die sich nach dem Jahr bei uns für ein Studium der Heilpädagogik in Görlitz entschieden haben. Wenn die Berufsorientierung so zielführend ist, dann kann man nur sagen: mit dem Freiwilligendienst alles richtig gemacht!“

Auch wenn der Martinshof als Träger in der gesamten Oberlausitz aus einem umfangreichen Pool an Einsatzstellen schöpfen kann, sind neue natürlich immer gern gesehen. „Es muss garantiert sein, dass Freiwillige nicht in wirtschaftlichen Geschäftsbereichen eingesetzt werden. Und die Gemeinnützigkeit muss gegeben sein. Um die Anerkennung der zuständigen Bundesbehörde kümmert sich der Martinshof. „Wir schließen dann mit der künftigen Einsatzstelle auch einen Kooperationsvertrag ab“, erläutert Diakon Drese die Verfahrensweise.

Ansprechpartner: Anne-Magdalena Schubert und Andreas Drese, Mühlgasse 10, Rothenburg, 035891/38145; Mail [email protected]

Infotag: Jeden letzten Freitag im Monat im Brüderhaus der Diakonie St. Martin in Rothenburg.

"Ich wollte unbedingt in die Pflege. Mich selbst testen, ob ich mit gesundheitlich beeinträchtigten Menschen umgehen kann. Schon nach kurzer Zeit habe ich festgestellt: Für mich ist das der richtige Weg. Ab Herbst lasse ich mich zum Pflegehelfer ausbilden
"Ich wollte unbedingt in die Pflege. Mich selbst testen, ob ich mit gesundheitlich beeinträchtigten Menschen umgehen kann. Schon nach kurzer Zeit habe ich festgestellt: Für mich ist das der richtige Weg. Ab Herbst lasse ich mich zum Pflegehelfer ausbilden © André Schulze

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